Den Ausgangspunkt des geplanten Projekts bildete die Erfahrung, dass immer wieder Diskrepanzen zu beobachten sind zwischen dem medizinischen Befund, der in pathologischen Berichten dargelegt wird, und den Interpretationen, die die behandelnden Ärzte auf der Basis dieser Berichte aufstellen und für die Therapieplanung nutzen. Diese Diskrepanzen können in vergleichsweise harmlosen Fehlinterpretationen oder Missverständnissen resultieren, die aber Zeit kosten, da sie durch Rückfragen geklärt werden müssen, bevor oder während der Therapieplan erstellt wird. Sie können aber auch ernstere Konsequenzen haben, wenn keine solchen klärenden Rückfragen stattfinden und entsprechend eine nicht optimale Therapie ausgewählt wird. Eine weitere Beobachtung ist die, dass PatientInnen häufig Probleme haben, die Befunde, Therapievorschläge und erwarteten Auswirkungen auf ihr Leben zu verstehen, die in den Therapieplanungsgesprächen diskutiert werden.
In dem Projekt ging es darum, mit konversationsanalytischen und textlinguistischen Methoden herauszufinden, inwieweit einerseits die pathologischen Berichte hinsichtlich ihrer Verständlichkeit und Eindeutigkeit verbessert werden können; andererseits soll untersucht werden, an welchen Stellen in den Arzt-Patienten-Gesprächen rekurrente Verstehensprobleme auftreten, wodurch sie zustande kommen, und wie sie gelöst werden können.
Geplant war ein Vorgehen, mit dem die Verstehensleistungen von ÄrztInnen und PatientInnen empirisch und in authentischen Kommunikationssituationen erfasst werden können: Anstatt nur die pathologischen Berichte selbst in den Mittelpunkt der Analyse zu stellen, wurden darüber hinaus die Therapieplanungsgespräche der behandelnden Ärzte aufgenommen. Über die Analyse der Gespräche, in denen die Erläuterung des pathologischen Befundes sowie die Begründung und Erklärung der darauf aufbauenden Therapie für die PatientInnen stattfinden, lassen sich dank der Beibehaltung einer authentischen Interaktionssituation bessere Ergebnisse erzielen als mit traditionellen Fragebogen-Methoden oder introspektiven Optimierungsversuchen von pathologischen Berichten bzw. Gesprächen. Zudem ermöglichen diese Daten auch, der Frage nachzugehen, inwieweit die PatientInnen selbst ihr Verstehen signalisieren und inwieweit sie anzeigen, dass und ob sie zufriedenstellend aufgeklärt wurden, d.h. inwieweit die Patiententeilhabe an der Therapieplanung gelingt. Das Projekt versuchte damit eine Lücke zu schließen hinsichtlich der Frage nach den Prozessen des Wissenstransfers nicht nur vom Experten zum Laien (Arzt-Patienten-Interaktion) sondern auch zwischen Ärzten selbst.